Riedbub trifft Ruhrpottbraut
Es war ein heißer Sommertag im Jahr 2021, als Thorsten, frischgebackener Umschüler im BFW Düren für Sehbehinderte und Blinde, das erste Mal auf Wendy traf. Sie kam gerade zu ihrer 14-tägigen Maßnahme, während Thorsten sich schon in die harte, aber erfüllende Welt seiner Umschulung stürzte. Im Eingangsbereich des BFW erhaschte er dann einen Blick auf etwas Großes, Schwarzes mit Eselsohren, das zu seiner Überraschung nicht irgendein seltsames Möbelstück war, sondern Kascha, Wendys Blindenführhund. Der treue Schäferhund schien jedoch weniger mit seinem Dienst als vielmehr mit allem anderen beschäftigt zu sein.
Am Abend, als die Sonne den Himmel in ein sanftes Orange tauchte, trafen sich Thorsten und Wendy zufällig auf der Terrasse. Oder war es Schicksal? So genau konnte man das nicht sagen. Die Hunde jedenfalls schienen sich gesucht und gefunden zu haben, als die vier sich auf eine gemeinsame morgendliche Waldtour verabredeten. Thorsten, der ohne seinen Hund Thorin – ein gentelmann und clown – keine Umschulung hätte antreten wollen, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Schließlich war ein morgendlicher Spaziergang im Wald ,mit Begleitung eine willkommene Abwechslung zum Alltag.
Am nächsten Morgen, am Waldrand stehend, wartete Wendy mit Kascha gespannt auf Thorsten und Thorin, das TT-Team. Als Thorin Kascha erblickte, gab es kein Halten mehr. Die beiden Hunde verstanden sich sofort prächtig – und das bedeutete: Leinen los, Chaos an! In dem Moment, als die Leinenkarabiner klickten, starteten die beiden in einem solchen Tempo durch, dass man als Mensch entweder gut beraten war, einen Baum hochzuklettern oder sich anderweitig in Sicherheit zu bringen. Thorsten und Wendy standen derweil mit großen Augen da und realisierten erst nach und nach, dass sie da gerade Zeuge eines wahren Hunde-Expressrennens geworden waren.
Die Menschen hatten, abgesehen von einem leichten Herzrasen, wenig von der Situation mitbekommen. Aber eines war klar: Das war der Beginn einer Freundschaft. Die vier – Thorsten, Wendy, Thorin und Kascha – verbrachten von da an viel Zeit zusammen. Die Tage vergingen wie im Flug, und bald war Wendys Maßnahme auch schon vorbei. Aber die Erinnerungen an wilde Hundejagden und lange Spaziergänge würden Thorsten und Wendy sicher noch lange begleiten.
Nur ein Wochenende nach dem Ende ihrer Maßnahme flatterte bei Thorsten eine Einladung von Wendy ins Haus: „Komm nach Duisburg!“ Thorsten, der bisher wenig vom Ruhrpott kannte, war direkt dabei. Schließlich klang das nach einem Abenteuer. Also schnappte er sich seinen treuen Thorin und machte sich auf den Weg – mit der Deutschen Bahn, versteht sich. Wer schon mal mit der Bahn gereist ist, weiß: Das ist wie ein Roadtrip, nur ohne Road und mit ganz viel Trip.
Nach einer Tour durch die endlosen Weiten der Verspätungen, einer Umleitung über das Nirgendwo und dem obligatorischen Zwischenstopp in der Pampa (köln und Düsseldorf), kamen sie endlich in Duisburg an. Thorsten, der bis dahin von ländlicher Idylle verwöhnt war, brauchte erstmal eine Minute, um den Kulturschock zu verdauen. Duisburg, das war für ihn so eine Mischung aus „wo bin ich hier gelandet?“ und „oh, das ist irgendwie rustikal hier“. Hier ticken die Uhren anders – vielleicht ein bisschen rauer, aber dafür ehrlich und direkt.
Wendy wartete schon grinsend am Bahnsteig, Kascha neben ihr, die mit wedelndem Schwanz Thorin begrüßte, als wäre er der verlorene Bruder. Thorsten dachte sich: „Na, das fängt ja gut an!“ und war bereit für das Wochenende im Ruhrpott. Die beiden Hunde schienen jedenfalls schon ihre eigene Party zu schmeißen, als sie über den Bahnsteig toben wollten.
Das Wochenende war eine wilde Mischung aus Sightseeing und Ruhrpott-Einführungskurs. Wendy zeigte Thorsten die Highlights von Duisburg – von den alten Stahlwerken, die jetzt so hip sind, dass man fast seinen Kaffee-To-Go drin serviert bekommt, bis hin zum Innenhafen, wo sie den Anblick von alten Speichern und Wasservögeln gleichermaßen genossen. Thorsten war fasziniert, auch wenn er sich insgeheim fragte, ob der Duisburger Architekt vielleicht ein Faible für „Backstein mit Charme“ hatte.
Zwischen den Erkundungstouren gab’s natürlich auch die ein oder andere Currywurst und viel Gelächter. Thorsten fand schnell heraus, dass Wendy nicht nur einen scharfen Sinn für Humor hatte, sondern auch die Kunst beherrschte, jede noch so banale Situation in einen kleinen, unterhaltsamen Sketch zu verwandeln.
Und dann, als die Sonne langsam hinter den Hochöfen unterging und die beiden im Innenhof wo wendy residierte, drehte Wendy sich zu Thorsten um. „Du, Thorsten“, begann sie mit einem Augenzwinkern, „ich glaube, ich mag dich ein bisschen mehr als nur so zum Rumblödeln. Und außerdem ist alter nur eine Zahl“ Thorsten, der eigentlich gerade überlegte, warum man sich als Blinder Mensch eine Großstadt antat war hellwach
„Wirklich?“, fragte er etwas ungläubig
„Ja, wirklich“, antwortete Wendy lachend. „Ich dachte, bevor du das nicht merkst, mache ich mal den ersten Schritt. Sonst sitzen wir in zehn Jahren noch hier und reden über den besten Platz für eine Pommesbude.“
Thorsten lachte und fühlte gleichzeitig, wie ihm warm ums Herz wurde. „Na gut“, meinte er schließlich, „dann lass uns doch mal sehen, wohin das führt.“
Und so, ohne großes Tamtam und mit einem Grinsen im Gesicht, wurden Thorsten und Wendy an diesem Wochenende ein Paar. Nicht, weil die Sterne es so wollten oder weil es romantische Musik im Hintergrund gab, sondern einfach, weil es sich gut anfühlte – und weil Wendy nicht auf den zweiten Schritt warten wollte.
Am Sonntagabend, als Thorsten sich auf den Rückweg machte, wusste er: Duisburg war nicht nur eine Stadt, die ihn überrascht hatte. Es war auch der Ort, an dem etwas Neues begonnen hatte. Und die Reise von Thorsten und Wendy – hat erst richtig begonnen.
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